Geldentstehung, Finanzen und Finanzkonzerne

In den Köpfen der meisten Investmentmakler, Banker und Zeitgenossen hat sich die Vorstellung festgesetzt, dass Geld als Ware gehandelt werden kann und darf. Dies führte zur Abkopplung von der Realwirtschaft. Immer mehr Geld fehlt der reale Gegenwert.

Inzwischen sind dies etwa 85 %.[1] Das freigewordene Vermögen sucht immer neue Anlageformen und die Besitzer jagen nach weiteren Renditen. Dies entbehrt zum allergrößten Teil jeglicher gesunden ökonomischen Grundlage. Diese Auswüchse haben die Weltwirtschaftskrise 2008 mit verursacht und die Ursachen ans Tageslicht befördert. So haben sich die Derivate-Geschäfte immer aggressiver entwickelt. Derivate sind Versicherungen für Zahlungsausfälle von Unternehmen, Banken und Staaten, nur sind diese so konstruiert, dass diese auch von Nichtbeteiligten und viel weitergehender über einen evtl. Schadensfall hinaus abgeschlossen werden können. Finanz Jongleure und -haie kaufen weiterhin überzeichnete Produkte und wetten auf den Niedergang oder den Aufstieg von Firmen, Banken und ganzen Staaten. Leider haben die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu verschwindend wenig Veränderungen geführt: weder in Gesetzesform noch im Verhalten gewisser Kreise unserer Finanzwirtschaft. Die Flutung des Finanzmarktes durch die EZB mit ihrer Geldmarktpolitik wurde seit der Krise 2008 immer weitergetrieben. Die zu Corona getroffenen Maßnahmen haben diesen Prozess noch beschleunigt. Viele kleine und mittlere Unternehmen werden zum Aufgeben gezwungen sein. Deren Geschäfte und Umsätze werden dann zu Minimalpreisen von großen Unternehmen wie Amazon übernommen. Die extrem günstigen Kreditangebote, die i.d.R. nur die Besitzenden bekommen, beschleunigen zusätzlich die Machtkonzentrationen der multinationalen Unternehmen. So haben die Aktiengewinne digitaler Unternehmen wie Google, Amazon, Facebook und Apple von März bis Juli 2020 im Schnitt um etwa ein Viertel zugenommen. Auch wenn große Teile der Bevölkerung derzeit wenig Vertrauen in die Unternehmen[2] haben und sich ihnen gegenüber machtlos fühlen, ist das Wirtschaftsleben der richtige Ort, das Geldwesen zu steuern, um die entgleisten Verhältnisse zu heilen. Die Dimensionen des Kapitals, der Finanzwirtschaft und der Eigentumsverhältnisse lassen sich nicht nur in reinen Zahlen, sondern graphisch darstellen.

Die vorzuhaltende Mindestreserve der Banken in Deutschland von 1% (2% in der Schweiz) schafft zusätzliche nahezu unbegrenzte Möglichkeiten für eine „wundersame“ Geldvermehrung.[3] Hinzu kommt die Geldentstehung durch das Giralgeld.

Mit der zunehmenden Verwendung von Giralgeld seit den 1970-iger Jahren entkoppelten sich Geldgeschäfte und Realwirtschaft. So benötigen nicht nur Banken immer neues Geld, sondern auch Staaten, um ihre Schuldenberge im Griff zu halten. Da Buchgeld eine Forderung der Bankkunden an ihre Bank darstellt, unterliegen diese Forderungen der Insolvenzgefahr eines Kreditinstituts. Durch die Geldflutung durch die nationalen und übergeordneten Gelderzeuger z.B. Bundesbank, FED, EZB, entstanden Inflation, horrende Verzerrung der Preise und inzwischen Negativzinsen.

Geld entsteht derzeit auf drei Wegen:

  • Bargeld-Ausschüttung durch die Zentralbanken (real gedeckt)
  • Kreditvergabe der Geschäftsbanken
  • Zentralbankkäufe bei den Geschäftsbanken
 

Der dritte Fall stellt sich so dar: Die EU-Staaten benötigen Geld. Dazu lassen sie Staatsanleihen drucken, also Wertpapiere, auf denen wie bei einem Kredit eine bestimmte Summe, ein Zinssatz und eine Laufzeit festgelegt sind. Diese Staatsanleihen werden auf Auktionen an Geschäftsbanken verkauft. Diese Anleihen sind im Übrigen nicht in der Geldmenge M3 enthalten. Anschließend kommt die Zentralbank ins Spiel und kauft den Geschäftsbanken diese Staatsanleihen mit Zentralbankgeld ab. Dieses Geld ist reines Buchgeld und wird nur zwischen der Zentralbank und den Geschäftsbanken oder von den Geschäftsbanken untereinander benutzt. Und dieses Zentralbankgeld druckt sie aus dem Nichts heraus. Es war vorher nicht da und wurde nur zum Zweck des Kaufes geschaffen. Die Geschäftsbanken erhalten bei jedem einzelnen Verkauf eine Provision.

Die Mechanismen der Finanzwirtschaft sind und werden immer komplizierter und komplexer. Nur noch ein ganz kleiner Teil der Menschheit interessiert sich dafür oder durchschaut es. Viele haben dennoch das Gefühl, dass sich wenige in diesem „Spekulationskasino“ auf Kosten der Allgemeinheit und der Natur bereichern.

Wie kommen wir aus diesem Dilemma?

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Realwirtschafthttps://money.visualcapitalist.com/worlds-money-markets-one-visualization-2017

[2] https://www.nim.org/forschung/studien/studienuebersicht/2018-trust-professions-deutsch

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Mindestreserve

Geldmenge im Verhältnis zu Waren und Güterwerten: https://www.bundesbank.de/resource/blob/754812/38e7381912d2db5281d9effd12a9d4ed/mL/das-weltwirtschaftliche-umfeld-data.pdf

Wir verbieten oder schränken alle schädlichen Spekulationsaktivitäten stark ein.

 

Wir ordnen den Rahmen für Spekulation rechtlich (im Rechtsleben) neu.

 

Geld wird so dem Handel mit sich selbst entzogen.

 

Wir benötigen vermehrt Geld als eine Art „Potentierer“ (investiv kreativ) für Initiativen und Ideenentwicklung für eine Zukunft mit Substanz und natürlichem Wachstum.

Geld muss an Wert verlieren, sofern die realen Gegenwerte nicht existieren, – genau wie eine Kartoffel, ein paar Schuhe oder ein Haus altert. Alterndes Geld läuft nach einer definierten Zeit ab. Nicht zu verwechseln mit einer Abzinsung des Geldwertes. Geld ist dem Wesen nach eigentlich eine wandelnde oder agile Buchhaltung. Bei seiner Entstehung und in Umlaufbringung wird ein Ablaufdatum festgelegt, an dem es ungültig wird. Denn alle Waren und Produktionsmittel altern und verlieren an Wert. Der reale Verlauf eines Produktwertes bedingt damit auch die Wertigkeit des Geldes und auch das Ablaufdatum. Geld erhält so einen Wechselcharakter. Der Wechselwert lässt sich nicht abstrakt berechnen. Anfänglich lässt er sich nur näherungsweise festsetzen. Das Ablaufdatum muss korrigiert werden können. In lokalen und regionalen Zusammenhängen existieren erste Erfahrungen, auf globaler oder Staatenebene noch nicht.[1]

[1] Steiner, R., GA 340 und GA 341, Nationalökonomischer Kurs Aufgaben einer neuen Wirtschaftswissenschaft

Eine verwandte Idee ist der Schuldenerlass, vergleichbar mit der Handhabung des Jubeljahres im Alten Testament. Mit einem radikalen Erlassen aller Schulden fallen auch alle volkswirtschaftlich schädlichen Vermögen und Vorgänge weg.

Die Steuerung der Geldentstehung und Vermehrung durch Kredite war zur Zeit der industriellen Entwicklung nützlich, jedoch ist deren Notwendigkeit abgelaufen und eine andere Form des Umgangs mit Geld und Werten ist angebrochen.

Die weitere ausufernde Geldentstehung durch Kredite ist zu beenden. Eine Idee in diese Richtung hat die Vollgeldinitiative in der Schweiz. Sie will den Geschäftsbanken konsequent die Geldentstehung durch Giralkreditvergabe verbieten. Ebenfalls möchte sie nur noch den Nationalbanken erlauben, Geld entstehen zu lassen.

Die heutigen nationalen Zentralbanken werden zukünftig in veränderter Form den Verwaltungsorganen des Wirtschaftslebens angehören müssen. Sie lassen nur so viel Geld entstehen, dass eine Währungsstabilität garantiert ist. Sie dient nicht mehr der Politik oder den spekulativen Finanzunternehmen.

Die Steuerung der Geldströme ist zukünftig durch Assoziationen, also Gremien von den am Wirtschaftsprozess beteiligten Menschen und Unternehmen, nach den Bedürfnissen der Bürger zu regeln. Das Geld erhält so nach und nach das notwendige Equivalent zu den Waren und Dienstleistungen.

Durch die Einführung des alternden Geldes wird ständig Geld aus dem Kreislauf gezogen. Dies kreiert im Gegenzug einen ständigen Neubedarf an Geld im Wirtschaftssystem. Dieses neue Geld kann als Schenkgeld über landwirtschaftliche Betriebe sowie Kultur- und Bildungseinrichtungen direkt in die Realwirtschaft gelangen und dadurch die notwendige Boden- und Kulturentwicklung zur Überwindung unserer sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Probleme stimulieren. Auf diese Art schieben wir nicht einen immer größer werdenden Schuldenberg vor uns her, sondern tragen ihn ab.

Die Geschäftsbanken als Dienstleister werden weiterhin unsere Konten führen und vermitteln unsere Sparguthaben an Kreditsuchende.

 

Solange Kaufgeld, Leihgeld und vor allem Schenkgeld nicht im gesunden Sinne die gesellschaftlichen Notwendigkeiten abbildet, ist denkbar für eine Übergangszeit, dem Geistes- und Kulturleben Kredite mit, ohne oder mit nur teilweiser Rückzahlungsverpflichtung zur Verfügung zu stellen. Dies könnte zwar Inflation verursachen. Jedoch könnte sich dies als sinnvoll erweisen, um Negativzinsen hervorzurufen. So würde die Anhäufung wachsender Vermögen erschwert.

Neue elektronische Geld- bzw. Verrechnungssysteme drängen sich zunehmend in unsere Lebenswelt. Beispiele sind Kryptowährungen, Libra, Apple Pay, PayPal. Die Frage drängt sich auf, wer die Nutzniesser sind und wie diese Systeme durch die Gesellschaft kontrollierbar bleiben. Facebook plant den internationalen LIBRA. Dahinter steht die LIBRA Association mit 30 Unternehmen und Organisationen wie Spotify, Lyft, Uber, Coinbase und Kiva. Das WEF World Economic Forum spricht derzeit von einem großen „Reset“.

Danach soll ein welt- oder europaweites digitales Geldsystem eigeführt werden und alle Nationalwährungen ablösen. Damit wäre den einzelnen Staaten die Kontrolle über das Geld genommen.

Es gibt Alternativen. Auf Sardinien gibt es den Sardex, dem sich über 4000 Unternehmen angeschlossen haben. Dort werden die Transaktionen von den „Real“-wirtschaftenden selber geregelt. Kein Staat und keine anonymen Finanzunternehmen können dort Einfluss nehmen. Weitere Regionen in Italien bauen ebenfalls regionale Verrechnungssysteme auf. Diese können dann ebenfalls überregional Dienstleistungen verrechnen. Diese Entwicklung ist zu begrüßen.