Formen der Kooperation und Zusammenarbeit

Zusammenarbeit

Weder die Form einer Top-down-Entscheidung (einer entscheidet und alle führen es aus) noch eine demokratische Abstimmung werden der Vielfalt des freien Geisteslebens gerecht. Doch wie gelangen wir zu einem gemeinsamen Beschluss?

Am Beispiel eines Orchesters, das als Organismus im Kultur- und Geistesleben anzusiedeln ist, kann untersucht und erlebt werden, wie das Sich-Abstimmen im freien Kultur- und Geistesleben erfolgen kann. Gibt es gewisse Fragestellungen, die von demokratischen Mehrheitsentschlüssen gefällt werden können? …und andere Gesichtspunkte, die der einzelne für die Gemeinschaft entscheidet? Doch dazwischen liegt das Gebiet der geistigen Konsensfindung durch Aussprache – also einer Methode, in der die Vielfalt zur Entscheidungsbildung beiträgt.

https://www.youtube.com/watch?v=Z8IdFlkg_Rw

 

KOOPERATION

Das Kultur- und Geistesleben zeichnet sich durch eine Vielfalt aus. Es dient der freien Entwicklung der Einzelnen. Gleichgesinnte können sich zusammenschließen, um einer gemeinsamen Aktivität nachzugehen (Vereine) oder sich inhaltlich zu vertiefen (Religion, Forschungsgesellschaft). Sie können auch als NGO – als Nichtregierungsorganisation bzw. zivilgesellschaftliche Gruppierung – Einfluss nehmen, um für den Umweltschutz tätig zu sein. So können sie das gesellschaftliche Gespräch in der Gesellschaft und Meinungsbildung beeinflussen. Die Vielfalt des Kultur- und Geisteslebens setzt natürlich voraus, dass der Einsatz von den anderen Beteiligten oder Engagierten in anderen NGOs respektiert wird. Jeder Zusammenschluss kann sich eigene Regeln geben (wie eine Bildungseinrichtung ihre Geschäftsordnung). Die Grundrechte und die (im Rechtsleben festgelegte) Grundstruktur des sozialen Organismus sind zu berücksichtigen. Diese Grundstruktur kann nur den Zweck haben, den Freiraum des Geisteslebens zu ermöglichen und zu gewährleisten.
Bei gesellschaftlichen Herausforderungen, die Lösungen mit vertieftem Sachverstand verlangen, können sich verschiedene NGOs einbringen und die notwendigen Erkenntnisse erarbeiten.

Damit die „besten“ Lösungen gefunden werden, ist hier gerade eine Meinungs- bzw. Standpunktvielfalt eine Grundvoraussetzung. Die Lösungen sollen in der Zukunft ein freies Kultur- und Geistesleben ermöglichen. Ebenso mögen sie gewährleisten, dass nicht ein Standpunkt bevorzugt wird und alle anderen einschränkt werden. Daher ist die Erkenntnisbildung durch die Organe des Geisteslebens vor der Beschlussfassung im Rechtsleben eine wesentliche Voraussetzung einer verantwortungsvollen Entscheidungsprozesses.

Zur Verdeutlichung werden hier zwei Beispiele vorgestellt.

Das erste Weltsozialforum fand 2001 in Porto Alegre (Brasilien) statt. Auf diesen Foren trafen sich unter dem Motto „Eine andere Welt ist möglich“ in den vergangenen Jahren Menschen aus verschiedenen NGOs, um gemeinsam über die Zukunft der Erde zu beraten. Der gemeinsame Austausch, die gemeinsame Ideenschmiede über alle Grenzen hinweg, stand im Vordergrund. Dies kann sehr befruchtend für das Kultur- und Geistesleben eines Staates sein.[1]

Als zweites sehen wir auf das Projekt Weltethos. Es wurde 1993 in Chicago mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Religionen begonnen. Es geht dabei um die Entwicklung „Goldener Regeln“ für die friedliche Koexistenz und das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Religionen. Dabei wird nicht versucht, eine gemeinsame Religion zu schaffen und die Vielfalt verschwinden zu lassen. Im Gegenteil: für die Vielfalt sollen Grundbedingungen gefunden werden, die ein friedliches Bestehen der verschiedenen Religionen nebeneinander ermöglichen. Diese können in das gesellschaftliche Gespräch gebracht und ggf. durch das Rechtsleben in der Grundstruktur des sozialen Organismus berücksichtigt werden.[2]

Die Beispiele zeigen das Charakteristische für die Zusammenarbeit im Geistesleben. Zu verschiedenen gesellschaftlichen Herausforderungen kann sich beraten und können Ideen entwickelt werden. Die Offenheit bzw. Berücksichtigung der Vielfalt ist dabei entscheidend. Es geht nicht um die Errichtung einer Monokultur. Die entwickelten Lösungen werden erst nach der Konsensfindung durch Erkenntnisarbeit dem Rechtsleben zum Beschluss weitergegeben. Kulturräte können sich lokal, regional oder weltweit bilden, um diesen Prozess begleiten.

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Weltsozialforum, http://weltsozialforum.org/

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Weltethos, https://www.weltethos.org/was_ist_weltethos

Dieses gemeinsame Beraten über eine Angelegenheit hat einen hohen Stellenwert für die Gesellschaft, weswegen solche Zusammenkünfte für Beratungen auch als Kulturräte bezeichnet werden.